Es ist auf den Tag genau zwei Jahre her, dass in NRW die Schulen erstmals wegen Corona geschlossen wurden. Es war eine extrem merkwürdige Zeit. Dass die Schulen geschlossen werden würden, war mir frühzeitig klar. Nur nicht, dass dies in einer Bildungskatastrophe diesen Ausmaßes enden würde. Wie Deutsche und insbesondere Eltern in diesem Land nunmal sind, folgten alle Beteiligten den Anweisungen von oben. Ich erinnere mich noch sehr genau an mein damals noch sehr entspanntes Gefühl, dass diese zwei Wochen Schullockdown einfach in die Osterferien münden: Da bleiben alle ein bisschen zu Hause und unter sich, sodass es nach den Ferien ausgestanden ist. Hätte mir damals jemand prophezeit, dass es zwei Jahre später noch immer nicht ausgestanden ist, ich hätte ihn für einen Spinner gehalten.
Pedantische Vorbereitung – nur für den Anfang hilfreich
Als die Ankündigung für die Schulschließung kam, schnappte ich mir meine Kinder und wir liehen uns in der Stadtbücherei so viele Bücher und Spiele aus, wie wir tragen konnten. Zu Hause richtete ich ein eigenes kleines Schränkchen im Wohnzimmer ein. „Mitunter pedantische Vorbereitung“ sind meine zweiten Vornamen. Am Anfang lief auch alles rund. Die Kinder machten ihre Aufgaben, schauten jeden Tag die Sendung mit der Maus (wie cool war das denn?) und fügten sich der Situation, die zum damaligen Zeitpunkt ja noch alle Mitglieder der Gesellschaft gleichermaßen traf.
Lücken im Bildungsbereich werden zu offenen Wunden
Aber nach den Osterferien blieben die Schultore zu – und zwar lange. Und danach wieder und wieder. Meine Tochter ging 2020 in die erste Klasse, mein Sohn in die fünfte – also die erste Klasse der weiterführenden Schule. Für beide war es quasi ein halbes Jahr nach Schulstart. Die Lücken, die unser Bildungssystem hatte, traten auf wie offene Wunden zu Tage. In einer Mail der Erstklässler-Lehrerinnen stand zum Beispiel: „Für unsere Erstis ist es leider nicht so einfach, sinnvolle und vielfältige Aufgaben zu finden, die die Kinder wirklich gut alleine machen können. Besonders in Mathematik können wir an dieser Stelle nicht weitergehen. Außerdem haben nicht alle Eltern die Möglichkeit, angehängte Arbeitsblätter auszudrucken. Alle Buchstaben, die zu Hause bearbeitet wurden, werden wir auch noch einmal aufgreifen, sobald wir wieder in der Schule zusammen sind.“
Ein halbes Jahr geschlossene Schulen
Aber sobald war sobald eben nicht. Es war der Anfang der Krise, zu einem Zeitpunkt, an dem noch viel Verständnis herrschte. Doch wirklich weitergekommen sind wir als Gesellschaft nicht. Eine gestern veröffentlichte Studie besagt, dass die Lesekompetenz von Viertklässlern „alamierend“ sei. Das Ifo-Institut hat die Dauer der Schulschließungen in europäischen Ländern verglichen. Insgesamt 183 Tage waren die Schulen in Deutschland zwischen Januar 2020 und Mai 2021 geschlossen. 183 – also ein halbes Jahr! Nur die polnischen Schulen waren mit 273 Tagen noch länger zu. Mit 56, 45 und 31 Tagen haben Frankreich, Spanien und Schweden die kürzesten Schulschließungen zu verzeichnen. Spanien!?! Ich erinnere mich noch an die Nachrichten aus dem südeuropäischen Land, als die Kinder dort nicht mal auf die Straße durften. Und am Ende waren meine Kinder viermal länger an ihre häuslichen Schreibtische gebunden. Es gab Maßnahmen, zugegeben. Waren sie koordiniert und durchdacht? Sicher nicht. Schulen wurden ans Internet angebunden, hatten aber keine Geräte für das Distanzlernen. Ipads wurden an Grundschulen geliefert, wo sie ungenutzt blieben, weil die Lehrkräfte weder Zeit noch Know-How hatten, um sie zum einsatzbereit zu machen und zum anderen pädagogisch wertvoll einzusetzen.
Nicht eingelöster Generationen-Pandemie-Vertrag
Zwei vergeudete Jahre. Zwei Jahre voller Tränen, Frust und nicht wieder aufholbarer Entwicklungszeit. Immer wieder wurden die Kinder als Pandemietreiber hingestellt, mussten für die Älteren und vulnerablen Gruppen zurückstecken. Ein Generationen-Pandemie-Vertrag. Leider gab es bis jetzt keine Zinsen und auch keine Geld-zurück-Garantie. Meine lange Zeit hochmotivierte Tochter und Vorzeigeschülerin steht seit Wochen kurz vor der Schulverweigerung, weil Schule einfach keinen Spaß mehr macht: Sportunterricht mit Maske oder Chor ohne Singen. Es sind doch vor allem die kleinen Dinge, die die Schule zu einem vielseitigen Ort gemacht haben: Kuchen mitbringen, wenn ein Kind Geburtstag hat? Hygienevorschriften! Interessante Arbeitsgemeinschaften, neben dem Unterricht nach Plan, um Interessen und Fähigkeiten zu fördern? Gestrichen! Schule wird immer wieder ad absurdum geführt. Aktuell wird darüber diskutiert, ob die Schüler als weiterhin Maske tragen sollen, während die Regelungen in den meisten anderen gesellschaftlichen Bereichen aufgehoben werden. Wofür? Die nicht ausgesprochene Konzept der Durchseuchung an Schulen hat doch funktioniert? Gebt den Kindern endlich ihre Zukunft zurück. Wie sollen sie es sonst besser machen als wir gerade?
